Ein erheblicher Anteil an Hunde- und Katzenbesitzer sind mittlerweile überzeugte „Barfer“. BARF ist die Abkürzung für „Biologisch Artgerecht RohFütterung“, kommt aber ursprünglich von „Bones and Raw Food“. Das Prinzip von BARF beruht auf der Fütterung von ausschließlich rohen Zutaten. Damit sind rohes Fleisch, Knochen, Organe wie z.B. Leber und Niere, Blut aber auch bestimmte Öle, Obst und Gemüse gemeint. Der Grundgedanke von BARF basiert darauf, dass diese Art von Diät mehr der des Wolfes oder der freilebenden Wildkatze entspricht als kommerziell erhältliches Futter. Das Bewusstsein für „gesunde“ Ernährung ist also nicht mehr auf uns Menschen beschränkt, sondern hat eindeutig auch in der Tierernährung einen hohen Stellenwert. Was es sonst noch für Ernährungstrends gibt lest ihr hier.
Inhalt:
- Unterschiede zwischen Wolf und Hund
- Bestandteile von BARF – Rationen
- Problem Unter – und Überversorgung
- BARF – Fertigprodukte
- Welche Tiere sollten nicht gebarft werden
- BARF – Blutuntersuchung
- Hygienische Aspekte
- Zusammenfassung
Unterschiede zwischen Wolf und Hund
- Durch die Evolution hat sich der Hund an die Fütterung von Menschen genetisch angepasst und kann z.B. Stärke viel besser verdauen als der Wolf
- Wölfe nehmen täglich bis zu 20 % ihres Körpergewichts an Nahrung auf. Diese Menge ist nötig, da sie täglich bis zu 100 km wandern und oftmals harten Witterungsbedingungen standhalten müssen. Beim Hund wird dagegen nur 2-3 % empfohlen. Durch die geringe Menge nehmen sie auch viel weniger Spurenelemente, Mineralien und Vitamine auf. Diese müssen entsprechend ergänzt werden.
- Der Wolf frisst seine Beutetiere ganz. D.h. auch Haare, Hufe, Darminhalt, Gehirn etc. werden mitgefressen. Bei BARF-Rationen werden oft nur Muskelfleisch und bestimmte Innereien gefüttert. Ohne Zusätze sind diese Rationen nicht bedarfsdeckend.
- In der Natur leben Wölfe meist nur einige Jahre, was ausreicht um genügend Nachkommen zu produzieren. Viele Tiere verhungern und viele weisen Nährstoffmängel auf – je nach Gegend. Das Ziel für jedes Haustier ist natürlich ein hohes Alter zu erreichen und dabei durch die Ernährung optimal unterstützt zu werden.
Bestandteile von BARF – Rationen und ihre Problemzonen
Fleisch
- Gute Proteinquelle und sehr gut verdaulich.
- Je nachdem welches Fleischstück verwendet wird, ergeben sich erheblich Unterschiede im Energiegehalt (fettreiches Fleisch 1,24 MJ ME/100g, mageres Fleisch 0,55 MJ ME/100g)
- Inverses Kalzium – Phosphor – Verhältnis (Ca < P), welches unbedingt anderweitig ausgeglichen werden muss
- Wenig Mineralstoffe und Vitamine
Bindegewebe (Euter, Lunge)
- Proteinreich und z.T. sehr fettreich
- Wenig weitere Nährstoffe
- Euter enthält oft noch Milch und damit Kalzium (1100-1200 mg/100g)
- Bindegewebsreiche Schlachtabfälle sind schwer verdaulich und können zu Durchfall führen
Pansen/Blättermagen
- Hoher Protein-Anteil
- Ansonsten relativ wenig Inhaltsstoffe
Leber/Niere
- Hohe Verdaulichkeit, fettarm und eiweißreich
- Leber enthält viel Kupfer (7,5-49 mg/100g) und Vitamin A (50.000 – 300.000 IE/100g) –> Es gibt extreme Variationen an Vitamin A in der Leber, weshalb man bei Leber sehr vorsichtig sein sollte. Geflügelleber ist etwas stabiler.
- Niere ist reich an Zink (5-6mg/100g)
Blut
- Beste Quelle für Eisen (50-60 mg/100g) und Natrium (300 – 350 mg/100g)
- Leider kann es etwas unpraktisch sein, täglich Blut zur Ration zu geben. Natrium kann relativ leicht durch einfaches Kochsalz ergänzt werden, bei Eisen sind die Alternativen etwas spärlicher.
Speck
- Sehr energiereich (3,77MJ ME/100g) und interessant, wenn eine hohe Energiedichte gewünscht ist
Schlundfleisch, Stichfleisch
- Enthält oft Schilddrüsengewebe und damit erhöhten Gehalt an Schilddrüsenhormonen, was zur Schilddrüsenüberfunktion führen kann.
Knochen
- Gute Kalzium-Quelle. Vor allem Kalbsknochen haben ein gutes Kalzium – Phosphor -Verhältnis von 2,2:1.
- Nicht mehr als 10 g/ kg KG/ Tag, sonst drohen Verstopfungen
- Wild- und Geflügelknochen können Splittern und dadurch Speiseröhre, Magen und Darm schädigen
- Besonders harte Knochen wie z.B. Oberschenkel können zu Zahnfrakturen führen
- Eine Alternative bieten Produkte wie gemahlene Knochen, Eierschalenmehl oder Algenkalk oder Kalziumzusätze im Mineralfutter
Gemüse
- Rohes Gemüse ist meist schwer verdaulich. Manche Sorten sind sogar schädlich und sollte gar nicht verfüttert werden wie z.B. Knoblauch und Zwiebel.
Eiklar
- Rohes Eiklar enthält Avidin welches das Vitamin Biotin (B7) bindet und somit die Aufnahme verhindert. Auf Dauer kann es zu einem Mangel an Vitamin B6 und somit zu Haut und Fellproblemen kommen.
- Zudem kann es zu Störungen der Proteinverdauung und so zu Durchfall kommen
Fisch
- Bestimmte Fischsorten wie Hering, Makrele, Karpfen, Kabeljau, Hecht und Sardine enthalten im Rohzustand Enzyme (Thiaminase) die ebenfalls zum Zerfall von Vitaminen (Vitamin B1) und dadurch zu ZNS-Störungen führen können
Problem Unter- und Überversorgung bei BARF
Tiere die auf Rohfütterung umgestellt werden sind anfangs oft extrem vital und haben besonders glänzendes Fell. Allerdings hält der Zustand nicht immer an, was meist an einer Über- oder Unterversorgung an bestimmten Nährstoffen liegt. In unterschiedlichen Untersuchungen wurden BARF-Rationen von Tierbesitzern auf ihre Bedarfsdeckung hin getestet und ein Großteil der Rationen konnte das Kriterium „Bedarfsdeckung“ nicht erfüllen.
Häufige Probleme:
- Unterversorgung an Kalzium oder falsches Kalzium – Phosphor – Verhältnis. Vor allem beim Welpen mit erhöhtem Calcium Bedarf kann dies innerhalb von Monaten zu irreversiblen Skelettschäden führen. Aber auch ausgewachsene Hunde reagieren auf eine inadäquate Zufuhr.
- Unterversorgung an Spurenelementen wie Jod, Kupfer, Zink und Vitamine (Vitamin A und D)
- Überversorgung an Protein und Phosphat was im Verdacht steht Nierenerkrankungen bei der Katze auszulösen
- Überversorgung mit Kalzium und Phosphor bei Knochenfütterung, Vitamin A bei Leberfütterung, Vitamin A und D bei Leber- und Lebertranfütterung, Jod bei Seealgenmehlfütterung
BARF – Fertigprodukte
BARF – Menüs sind mittlerweile zahlreich in Shops oder online erhältlich. Im unabhängigen Test von verschiedenen Rationen war keines der Rationen bedarfsdeckend auch wenn diese als Alleinfuttermittel deklariert waren. Zudem gab es häufig hygienische Mängel. Man sollte sich daher nicht darauf verlassen, dass „fertige“ Rationen alle Probleme von Über- und Unterversorgung lösen. Zudem ist es wichtig diese Produkte äußerst streng gekühlt oder gefroren zu lagern.
Welche Tiere sollten nicht gebarft werden
- Tiere mit Niereninsuffizienzen: Der oft hohe Protein- und zusätzlich hohe Phosphatgehalt bei Rohfütterung ist bei einer Niereninsuffizienz nicht günstig und sollte vermieden werden, da es zum Fortschreiten der Krankheit führen kann.
- Hund und Katze mit Leberproblemen können durch Rohfütterung zusätzlich belastet werden. Durch schwer verdauliche Proteine entstehen im Darm Substanzen mit denen eine vorgeschädigte Leber eventuell nicht mehr klar kommt.
- Wenn Blasensteine ein bekanntes Problem sind, ist Rohfütterung eher suboptimal. Es fallen meist hohe Konzentrationen an Substanzen an, die Blasensteine bilden können.
- Ist das Immunsystem nicht voll funktionsfähig, wie z.B. durch den Einsatz von Kortison oder bei Autoimmunerkrankungen, so ist der Tierkörper anfälliger für Infektionen. Für gesunde Hunde unbedenkliche Keime im Fleisch können beim immunsuppremierten Tier zu Krankheiten führen.
- Welpen reagieren äußerst sensibel auf eine Fehlversorgung vor allem von Kalzium, welches zur Entwicklung des Skelettsystems wichtig ist. Von Experten wird daher abgeraten Welpen bis zur vollen Entwicklung des Skelettes (ca. 8-9 Monate) zu barfen. Will man die Jungtiere aber bereits an das Rohfutter gewöhnen, besteht die Möglichkeit des Teil-Barfens. Hier ist die Grundlage ein kommerzielles Welpenfutter und zusätzlich gibt es immer wieder Fleisch oder andere Bestandteile einer BARF-Ration. Will ein Besitzer dennoch seinen Welpen ausschließlich roh füttern, sollte die Ration immer vom Ernährungsexperten überprüft oder zusammengestellt werden.
Blutuntersuchungen (BARF – PROFIL)
Die meisten Labore bieten sogenannte BARF-Profile an. Das Problem bei diesen Blutuntersuchungen ist aber, dass z.B. der Kalziumgehalt im Blut vom Körper konstant gehalten wird auch wenn eine Unter- oder Überversorgung besteht. Bei zu wenig Kalzium wird es den Knochen entzogen bei zu viel über die Niere ausgeschieden. Andere Spurenelemente sind meist erst bei längerer Fehlernährung im Blut zu erkennen und können anfangs trotz falscher Fütterung noch normal sein. Zudem sind nicht alle wichtigen Stoffe in den BARF-Profilen enthalten. Blutuntersuchungen sind also nur bedingt aussagekräftig und sollten nur äußerst vorsichtig interpretiert werden.
Hygienische Aspekte bei BARF
- Rohes Schweinefleisch sollte generell nicht verfüttert werden. Die Gefahr, dass das suide Herpesvirus übertragen und damit die tödliche Aujezskysche Krankheit ausgelöst wird ist zu groß.
- Auch andere Viren, Bakterien und Parasiten können durch rohes Fleisch übertragen werden. Dazu zählen z.B. Clostridien (Botulismus), Bandwürmer, Toxoplasmen und Neospora. Salmonellen und andere Durchfallerreger sind für Hund und Katze zwar oft unbedenklich. Jedoch werden die Vierbeiner zum Ausscheider und somit zur Gefahr für den Menschen. Dies ist vor allem für Kinder und ältere Menschen bedenklich.
- Fertige Barf-Rationen sind häufig ebenfalls mit pathogenen Keimen belastet und gerade die Unterbrechung der Kühlkette beim Versand oder Transport kann die Vermehrung dieser begünstigen.
- Experten betonten, dass man durch Kochen die hygienischen Problematiken umgehen könnte ohne dabei die Vorteile des Barfens zu verlieren.
Zusammenfassung:
Auch wenn die Grundidee vielleicht nicht immer alle Tatsachen berücksichtigt, so ist BARF dennoch eine gute Art der Fütterung von Hund und Katze – wenn es richtg gemacht wird. Vor allem bei Allergikern kann man bei Rohfütterung gezielt bestimmte Eiweißquellen weglassen. BARF ist sicherlich mit mehr Zeitaufwand verbunden als die kommerzielle Fütterung, dafür weiß man genau was gefüttert wird. Man sollte sich jedoch intensiv damit beschäftigen oder sich von Ernährungsexperten beraten und eine Rationsberechnung anfertigen lassen um eine bedarfsdeckende Versorgung an allen Nährstoffen zu gewährleisten. Die hygienischen Aspekte müssen immer im Hinterkopf bleiben. Wenn Kinder, Schwangere oder geschwächte Menschen mit den Tieren in Kontakt sind, sollte nicht gebarft werden. Hunde und Katzen mit bestimmten Krankheiten, sowie Welpen sollten ebenfalls nicht gebarft werden.