Die Herzklappenerkrankung – oder Mitralklappenendokardiose – ist die häufigste Herzerkrankung beim Hund, wobei vor allem kleine Rassen bis ca. 15 kg betroffen sind. Es handelt sich dabei um eine krankhafte Veränderung der Herzklappe zwischen linker Vorkammer und linker Hauptkammer, die mit zunehmendem Schweregrad zur Vergrößerung der Herzkammern führt. Synonyme sind Myxomatöse Mitralklappenerkrankung (MMVD) und Mitral Valve Disease (MVD).
Inhalt:
- Ursachen und Verlauf
- Symptome
- Rassenprädisposition
- Diagnose
- Therapie
- Herzklappenersatz
- Was kann man zu Hause tun
Ursache und Verlauf einer Herzklappenerkrankung
Die Ursache für die Erkrankung ist nicht eindeutig geklärt, allerdings wird eine genetische Komponente stark vermutet. Beim Kavalier King Charles wurde dies bereits nachgewiesen. Die Klappenveränderunge entwickeln sich dabei über Jahre, d.h. das Gewebe wird immer dicker, die Klappen werden kürzer und können deshalb nicht mehr schließen. Mit fortschreitender Erkrankung kommt es zur immer schlimmer werdenden Undichtigkeit der Klappe (Mitralklappeninsuffizienz) und Blut fließt zunehmend zurück in die Vorkammer anstatt in den Körperkreislauf. Dies bedeutet, bei jedem Herzschlag gelangt mehr Volumen in die Vorkammer und weniger Volumen in den Körper. Der Körper reagiert darauf, indem er unter anderem mehr Flüssigkeit in den Nieren zurückhält und somit das Blutvolumen im Körper erhöht. Dadurch wird das Herz jedoch noch mehr belastet. Es entsteht sozusagen ein Teufelskreis. Auch die linke Hauptkammer wird sich mit der Zeit ausdehnen. Wird die Kapazität der Herzkammern sich auszudehnen überstiegen, staut sich Blut zurück in die Lungengefäße. Die Gefäße halten jedoch nur einen besimmten Druck aus, bis sie Flüssigkeit durchlassen und es zu Wasseransammlungen in den Lungen kommt.

Undichte Mitralklappe, die hellblaue Farbe stellt den Rückfluss in die linke Vorkammer durch die undichte Klappe dar.

In der markierte Stelle sieht man einen Teil einer deutlich verdickten Mitralklappe. Gesunde Klappen sind dünn und zart.
Wer sich einen Ultraschall gerne einmal anschauen möchte, wird in diesem Video fündig.
Symptome einer Herzklappenerkrankung
In der ersten Phase der Erkrankung zeigen die Hunde keinerlei Symptome. Häufig wird die Krankheit festgestellt, wenn der Tierarzt z.B. bei einem Impftermin oder einer anderen Untersuchung ein Herzgeräusch hört. Es kann aber auch sein, dass die Krankheit überhaupt nicht festgestellt wird, bis der Hund die ersten Symptome zeigt. In vielen Fällen werden diese Tiere wegen Husten vorgestellt. Dieser entsteht, da sich das Herz vergrößert, auf die Bronchien drückt somit einen Hustenreiz auslöst. Im späteren Stadium, wenn sich Wasser in der Lunge ansammelt kann es ebenfalls zu Husten kommen, begleitet von Atemnot. Aber auch Symptome wie Leistungsschwäche, Gewichtsverlust oder Ohnmachtsanfälle kommen vor.
Welche Rassen sind von Klappenerkrankungen betroffen?
Drei Viertel aller Hunde über 13 Jahre sind von der Krankheit mehr oder weniger schlimm betroffen. Von einer Sonderform der Mitralklappenendokardiose spricht man beim Cavalier King Charles Spaniel. Bei dieser Rasse tritt die Erkrankung oft schon im jungen Alter auf. Andere überrepräsentierte Rassen sind Dackel, Zwergpudel, Yorkshire Terrier und Mini Schnauzer. Generell können aber alle kleinen und mittleren Hunderassen eine Mitralklappenerkrankung entwickeln. Bei größeren Hunderassen ist die MVD viel seltener. Bei großen Hunden schreiten Klappenendokardiosen tendenziell schneller fort als bei kleinen Hunderassen.
Diagnose einer Herzklappenerkrankung
Wird ein Herzgeräusch beim kleinen älteren Hund festgestellt, ist dies bereits ein guter Hinweis, dass eine Klappenerkrankung vorliegen könnte. Je größer der Hund, desto unsicherer ist es, da bei größeren Hunden Herzmuskelerkrankung häufiger vorkommen und das Herzgeräusch sich genau gleich anhört. Um die Diagnose sicher zu stellen, ist ein Herzultraschall nötig. Dabei kann man die Klappen beurteilen, mit Messtechniken den Schweregrad bestimmten und Prognosen abgeben. Allerdings kann man mit nur einer Untersuchung wenig über die Geschwindigkeit sagen, mit der die Krankheit fortschreitet. Dafür sind mehrere Untersuchungen in bestimmten Abständen nötig. Nicht jeder Tierarzt hat die Möglichkeit einen Herzultraschall durchzuführen. Auch ein Röntgenbild kann weiteren Aufschluss geben, hat aber Limitationen.
In manchen Fällen wird der Hund wegen Schwäche- oder Ohnmachtsanfällen vorgestellt. In diesen Fällen ist es angebracht ein EKG zu schreiben um Arrhythmien abzuklären. Auch diese können vorkommen und müssen gegebenenfalls behandelt werden.
Therapie einer Herzklappenerkrankung
Asymptomatisches Stadium:
Zu Beginn der Krankheit sind keine Medikamente nötig. Es macht jedoch Sinn, in bestimmten Abständen (z.B. einmal jährlich) eine Herzultraschall – Kontrolle durchzuführen. Nach den neuesten Studien ist es von Vorteil das Medikament Pimobendan einzusetzen, sobald sich das Herz vergrößert. Dadurch soll sich die Zeit bis zum Herzversagen (Wasser in der Lunge) verlängern. Pimobendan steigert u.a. die Pumpkraft des Herzmuskels und entlastet das Herz durch eine Weitstellung der Gefäße. Viele Tierärzte setzen Kreislaufunterstützende ACE-Hemmer wie z.B. Benazepril ein, sobald sie ein Herzproblem feststellen oder auch nur ein Herzgeräusch hören. Es gibt jedoch keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass dieser Wirkstoff im frühen Stadium Vorteile bringt. Die Fütterung muss im frühen Stadium noch nicht angepasst werden, bei deutlicher Herzvergrößerung ist eine salzarme Fütterung empehlenswert.
Falls nur ein Halsband verwendet wird, macht es Sinn auf ein Brustgeschirr umzusteigen. Dies sollte keinen Druck am Hals ausüben, da dadurch ein Hustenreiz im späteren Stadium verschlimmert werden kann.
Symptomatisches Stadium:
Sammelt sich Wasser in der Lunge, müssen zusätzlich Medikamente zur Entwässerung (Diuretika) eingesetzt werden. Furosemid oder Torasemid sind hier Wirkstoffe der Wahl. Eventuell reicht diese Entwässerung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aus und weitere Diuretika müssen dazu gegeben werden (z.B. Hydrochlorothiazid, Spironolacton). Auch in symptomatischen Stadium war Pimobendan in aktuellen Studien den ACE-Hemmern überlegen. In einer ganz neu veröffentlichten Studie wurde die Kombination Furosemid, Pimobendan, ACE-Hemmer mit der Doppeltherapie Furosemid und Pimobendan verglichen und es konnte kein Vorteil der Dreifachtherapie nachgewiesen werden. Die Hunde ohne ACE-Hemmer lebten sogar einen Monat im Durchschnitt länger, auch wenn dies nicht statistisch signifikant war. Mit diesen neuen Erkenntnissen ist der Einsatz von ACE-Hemmern im Herzversagen fraglich. Wenn ACE-Hemmer jedoch eingesetzt werden (was zurzeit noch zur Standardtherapie gehört bzw. von den Guidelines empfohlen wird), ist es sinnvoll zusätzlich Spironolacton zu verwenden um das ACE-System noch effektiver zu blockieren. Das Kombiprodukt Cardalis enthält sowohl ACE-Hemmer als auch Spironolacton. Spironolacton hat zusätzlich den Vorteil niedrigen Kalium-Werten (oft bei Entwässerung der Fall) entgegen zu wirken. Die Fütterung sollte in diesem Stadium salzarm, protein und kalorienreich sein. Mehr zur Fütterung bei Herzpatienten gibts in einem separaten Artikel.
Die Medikamente im klinischen Stadium nochmal zusammengefasst:
- Entwässerung (Furosemid/Torasemid + ggf HCT, Spironolacton)
- Pimobendan
- ACE-Hemmer (z.B. Benazepril)
- (Spironolacton)
Rhythmusstörungen:
Sind Rhythmusstörungen vorhanden, müssen diese auf ihre Gefährlichkeit hin untersucht werden. Ein 24h-EKG kann dafür nötig sein. Bei „gefährlichen“ Rhythmusstörungen sind Antiarrhythmika empfohlen. Gefährliche Arrhythmien bedeuten, dass sie das Potential haben Tachykardien bis hin zum Kammerflimmern und plötzlichen Herztod auszulösen.
Ist ein Herzklappenersatz beim Tier möglich?
Beim Menschen wird ab einem gewissen Grad der Herzklappenerkrankung eine neue Herzklappe eingesetzt. In Europa gibt es nur wenige Zentren, die diese Operation durchführen und die Erfolgsquoten sind extrem von der Erfahrung des Chirurgenteams und der Intensität der Nachsorge abhängig. Durch den technischen und personellen Aufwand sind die Kosten sehr hoch. Daher ist der Klappenersatz keine Routinetherapie und wird es vermutlich in naher Zukunft auch nicht werden. Mehr zum Thema gibts im hier.
Was kann man zu Hause für die Patienten tun?
Aktivität:
Hunde mit einer Herzklappenerkrankung oder einem Herzproblemen ganz allgemein wissen meist am besten, wie sehr sie sich selber belasten können. Aktivitäten bei denen sie ihr Aktivitätslevel nicht selbst einteilen können, wie z.B. lange Radtouren oder Joggen, sind eher zu vermeiden. Ansonsten ist fast alles erlaubt und der Herzpatient muss nicht „geschont“ werden. Im späteren Stadium wird die Leistungsfähigkeit zwar abnehmen, aber es ist immer das Ziel, die Lebensqualität des Tieres durch die richtige Therapie hoch zu halten, um ihm so lange wie möglich ein normales Leben zu ermöglichen. Es sollte berücksichtigt werden, dass der Hund durch die Entwässerungsmedikamente mehr Durst hat und öfter raus muss.
Futter:
Mit den richtigen Futtermitteln kann man den Schützling ebenfalls unterstützten. Im frühen Stadium ist vor allem auf den richtigen Ernährungszustand zu achten. Was man sonst noch Gutes tun kann, lest ihr im Artikel über Ernährung von Herzpatienten.
Atemfrequenz zählen:
Ein wichtiger Aspekt um frühzeitig eine Verschlechterung der Krankheit zu erkennen, ist das Atemfrequenz zählen. Dabei zählt ihr, wie oft sich der Brustkorb in der Minute hebt und senkt (einmal Heben und Senken = 1 Atemzug). Der Wert sollte deutlich unter 40 Atemzüge pro Minute liegen. Wichtig ist, die Atemfrequenz zu zählen, wenn der Hund schläft oder ruhig liegt. Zählt man die Atemfrequenz regelmäßig, bekommt man schnell ein Gefühl für den “Normalzustand” und merkt, wenn sich etwas verändert. Eine erhöhte Ruheatemfrequenz ist beim Herzpatient ein Anzeichen von Wasser in der Lunge. Achtung: Wasser in der Lunge ist ein Notfall und führt unbehandelt zum Ersticken. Mehr darüber lest ihr im Artikel über Herzversagen.
Video als Anleitung zum Atemfrequenz zählen
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