Bekommt deine Katze auch täglich eine Hand voll Medikamente und du fragst dich ob dies wirklich nötig ist, oder welche Medikamente eigentlich welchen Sinn haben? Herzmedikamente bei der Katze sind bei den meisten Herzerkrankungen ähnlich oder sogar gleich. Behandelt wird symptomatisch mit dem Ziel, der Katze trotz Krankheit eine gute Lebensqualität zu ermöglichen. Die Tabletteneingabe bei Katzen kann dabei zur echten Herausforderung werden und erfordert deine Kreativität und Geduld.
Welche Herzmedikamente kommen bei der Katze zum Einsatz?
Entwässerung: Furosemid, Torasemid, Spironolacton
Ist die Herzerkrankung so weit fortgeschritten, dass sich Wasser in der Lunge (Lungenödem), im Brustkorb (Thoraxerguss) oder seltener im Bauchraum sammelt, so ist die wichtigste Maßnahme eine Therapie mit Entwässerungsmedikamenten. Dafür wird in erster Linie der Wirkstoff Furosemid eingesetzt (DimazonⓇ). Furosemid gibt es als Injektionslösung und in Tablettenform. Als Therapie zu Hause werden in der Regel Tabletten verwendet. Die Anwendung erfolgt anfangs so oft wie nötig (z.B. alle 4h) mit dem Ziel die Frequenz auf 2-3x täglich zu reduzieren. Die Höchstdosis pro Tag liegt bei 12 mg/ kg Körpergewicht bei Dauertherapie. Reicht Furosemid nicht mehr aus, oder sind Nebenwirkungen wie z.B. ein hoher Kaliumverlust ein Problem, so kommen andere Entwässerungsmedikamente wie z.B. Spironolacton zusätzlich zum Einsatz.
In letzter Zeit wird auch bei Katzen immer häufiger der Wirkstoff Torasemid (Upcard) eingesetzt. Dieser ist Furosemid sehr ähnlich, muss jedoch weniger häufig geben werden (meist nur 1x täglich) und kann manchmal etwas potenter sein. Bei Katzen die sich nicht so gerne Tabletten geben lassen, kann dies Vorteile bringen, allerdings ist die Studienlage noch sehr dünn und die Nebenwirkungen müssen noch genauer überwacht werden.
Die Nebenwirkung aller Entwässerungsmedikamente ist ein vermehrter Urinabsatz und vermehrtes Trinken. Wasser sollte daher immer bereit stehen. Zusätzlich kann es zu Verschiebungen im Elektrolythaushalt (Natrium, Kalium) kommen. Eine regelmäßige Kontrolle mittels Bluttest und ein entsprechender Ausgleich ist daher wichtig. Zusätzlich sollten die Nierenwerte nach Behandlungsstart und bei Dauertherapie regelmäßig überprüft werden. Besteht bereits eine chronische Niereninsuffizienz, so gilt besondere Vorsicht. Mehr zum Thema Herz- und Nierenprobleme gleichzeitig gibts in einem separaten Artikel und im Buch über die Niereninsuffizienz.
Für alle die mehr über Herzerkrankungen bei der Katze wissen möchten, empfehle ich mein Buch:
Blutverdünner: Clopidogrel, Aspirin, Heparin
Katzen haben ein spezielles Blutgerinnungssystem, das ihnen bei Herzerkrankungen zum Verhängnis werden kann. Durch die Vergrößerung der Herzkammern wird der Blutfluss vor allem in der linken Vorkammer deutlich verlangsamt. Dadurch wird die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) begünstigt. Diese Thromben können unterschiedlich groß werden und wenn sie in den Körperkreislauf gelangen, Blutgefäße verstopfen. Am häufigsten blockieren sie dabei die Blutversorgung der Hinterbeine und es kommt zum klassischen Bild einer Aortenthrombose mit schmerzhaften Lähmungen. Um die Thrombenbildung zu verhindern, werden “Blutverdünner” eingesetzt (Das Blut wird dabei nicht verdünnt, sondern die Blutgerinnung beeinflusst). Es gibt dabei keine eindeutige Leitlinie, ab wann die Therapie sinnvoll ist. Manche Kardiologen beginnen eine Therapie sobald eine Vergrößerung der Vorkammer im Ultraschall messbar ist, andere erst wenn sogenannter “Smoke” zu sehen ist. Smoke ist eine Art Schlierenbildung, die auf einen verlangsamten Blutfluss hindeutet.
Aspirin war lange Zeit das Mittel der Wahl (Dosis: 5 mg alle 3 Tage). In einer Untersuchung konnte jedoch die Überlegenheit von Clopidogrel im Vergleich zu Aspirin gezeigt werden. Allerdings waren nur wenige Katzen in der Studie, weshalb die Ergebnisse nur unter Vorbehalt aussagekräftig sind. Clopidogrel (PlavixⓇ) scheint zudem besser verträglich und potenter zu sein ¹. Die Dosierung beträgt 18,75 mg pro Katze 1x täglich. Weder Aspirin noch Clopidogrel können die Bildung von Thromben aber sicher verhindern. Mehr Hoffnung geben die sogenannten Low Molecular Weight Heparine wie z.B. Dalteparin (FragminⓇ). Diese haben den Nachteil, dass sie täglich vom Besitzer gespritzt werden müssen und relativ teuer sind. Dafür zeigen sie bessere Erfolge in der Prävention von Aortenthrombosen.
Tipp: Clopidogrel hat einen bitteren Geschmack und wird von Katzen ungern gefressen. Um dies zu erleichtern kann man die Tabletten in Gelkapseln packen, welche in der Apotheke oder auch bei Amazon erhältlich sind. Oder in gefrorene Butter packen.
–> weitere Tipps zur Tabletteneingabe gibts hier.
Blutdrucksenker: Amlodipin, Telmisartan
Bluthochdruck erschwert die Herzarbeit zusätzlich und kann zur Verdickung des Herzmuskels beitragen. Da Bluthochdruck bei Katzen relativ häufig ist – primär, oder sekundär z.B. aufgrund von Nierenproblemen oder Schilddrüsenüberfunktionen – sollte eine Blutdruckmessung Teil der kardiologischen Untersuchung sein. Bluthochdruck hat nicht nur negative Einflüsse auf das Herz, sondern kann auch Schäden an Nieren, Augen (Blindheit) und Gehirn verursachen. Medikament der Wahl bei der Katze ist Amlodipin (Dosis 0,625 – 1,25 mg pro Katze 1x täglich). Die klassischen ACE-Hemmer wie Benazepril, Enalapril, Imidapril haben keine ausreichende blutdrucksenkende Wirkung bei der Katze und sollten daher nur als Zusatz und nicht alleine zum Einsatz kommen. Studien zum etwas neueren ACE-Hemmer Telmisartan, welcher in flüssiger Form auf dem Markt ist (SemintraⓇ), haben für diesen Wirkstoff ebenfalls einen gute blutdrucksenkende Wirkung gezeigt ². Gerade für Katzen, bei denen die Tabletteneingabe problematisch ist, kann dies eine Alternative sein. Ob Telmisartan den Blutdruck ausreichend senkt, sollte aber kontrolliert werden.
ACE-Hemmer
Über den Einsatz von ACE-Hemmern wird viel diskutiert. Dies hat damit zu tun, dass die theoretisch positiven Eigenschaften meist nicht durch klinische Studien bestätigt wurden oder klinische Studien fehlen. Diese Medikamente greifen unter anderem in die Regulation von Blutdruck und Flüssigkeitshaushalt ein und sollen somit das Herz entlasten. Mit dem Einsatz im asymptomatischen Stadium konnte bisher jedoch keine Vorteile nachgewiesen werden. Trotzdem verwenden einige Tierärzte ACE-Hemmer sobald ein Herzproblem festgestellt wird. Im symptomatischen Stadium gehören sie zur Standardtherapie und werden von den meisten Kardiologen verwendet. Dabei konnte bisher keine Überlegenheit eines bestimmten ACE-Hemmers festgestellt werden. Beispiele sind Benazepril (FortekorⓇ, NelioⓇ), Ramipril (VasotopⓇ), Enalapril (EnacardⓇ) und das flüssige Imidapril (PriliumⓇ). Die Dosierung hängt dabei vom Wirkstoff ab.
UPDATE: Ende 2019 wurde eine Studie veröffentlicht, in der keine Vorteile von ACE-Hemmern bei Katzen mit Herzerkrankungen im asymptomatischen und symptomatischen Stadium nachgewiesen werden konnten ³. Hier gibts nähere Infos zur Studie.
Pimobendan
Pimobendan unterstützt die Pumpkraft des Herzens und entlastet gleichzeitig die Herzarbeit. Beim Hund wurde bereits gezeigt, dass auch der Einsatz im asymptomatischen Stadium indiziert ist. Bei der Katze fehlen entsprechende Studien dazu. Sinn macht die Gabe von Pimobendan (VetmedinⓇ), wenn die Pumpkraft reduziert ist, wie z.B. bei DCM. Die Dosis beträgt dabei 0.25mg/kg 2x täglich oder 0.625 -1.25mg pro Katze 2x täglich und die Verträglichkeit ist relativ gut.
Im symptomatischen Stadium von Herzerkrankungen gibt es dagegen Studien, die einen Einsatz von Pimobendan auch ohne verminderte Pumpkraft befürworten. Bisher wurde Pimobendan nicht verwendet, wenn SAM (Blockade des linken Ausflusstrakts) vorhanden war. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnte aber kein negativer Effekt von Pimobendan bei SAM nachgewiesen werden 4. Viele Kardiologen setzen Pimobendan im symptomatischen Stadium von HCM und anderen Herzkrankheiten ein.
Beta-Blocker
Als Beta-Blocker wird vor allem Atenolol bei der Katze verwendet. Indiziert ist Atenolol im asymptomatischen Stadium von HCM wenn SAM vorhanden ist. D.h. wenn eine dynamische Blockade des linken Ausflusstraktes die Herzarbeit erschwert. Dies ist vor allem bei hohen Herzfrequenzen der Fall und Atenolol soll die Herzfrequenz senken. Der Therapieansatz wurde vor allem aus der Humanmedizin übernommen, da SAM beim Menschen mit HCM ein Risikofaktor ist. Bei der Katze ist dies jedoch nicht vollständig geklärt und es gibt Grund zur Annahme, dass SAM nicht den angenommen negativen Einfluss hat. Im Herzversagen oder symptomatischen Stadium ist Atenolol nur vorsichtig oder gar nicht mehr anzuwenden, da Beta-Blocker die Pumpkraft schwächen können, was im Herzversagen nicht erwünscht ist. Die Dosierung beträgt 1-4 mg/kg 2x täglich, je nach Effekt auf die Herzfrequenz.
Antiarrhythmika
Rhythmusstörungen können in allen Stadien von Herzerkrankungen vorkommen. Je nach Ursprung der Arrhythmien kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz. Diltiazem, Beta-Blocker (Atenolol) oder Sotalol wirken bei Arrhythmien mit Ursprung in den Vorkammern, Sotalol auch bei Arrhythmien aus den Hauptkammern. Die Dosierung von Sotalol beträgt dabei 10mg/ Katze 2x täglich.
Welche Herzmedikamente sind in den verschiedenen Krankheitsstadien sinnvoll
Asymptomatisches Stadium
- Vorkammern normal groß:
In den meisten Fällen sind keine Medikamente nötig. Ausnahmen sind HCM mit SAM, wo es sinnvoll sein kann mit Beta-Blockern die Herzfrequenz zu senken. Bei DCM kommt zudem Pimobendan zur Steigerung der Pumpkraft des Herzmuskels zum Einsatz. - Vorkammern vergrößert:
Viele Kardiologen setzen bei einer Vergrößerung der Vorkammern Medikamente zur Prävention von Blutgerinnseln ein. Spätestens wenn “Smoke” im Ultraschall zu sehen ist sollten Präventionsmaßnahmen getroffen werden. - Falls Rhythmusstörungen vorhanden sind, kann es nötig sein Antiarrhythmika einzusetzen
Symptomatisches Stadium (Herzversagen)
- Ab dem Zeitpunkt des Herzversagens ist Entwässerung das wichtigste Medikament um Flüssigkeitsansammlungen in Lunge und Brustkorb unter Kontrolle zu halten.
- Prävention von Aortenthrombose
- Antiarrhythmika falls nötig
- (Unterstützende Medikamente wie ACE-Hemmer und Pimobendan)
Unter Umständen kann die Therapie auch von den oben genannten Medikamenten abweichen. In sehr seltenen Fällen kann z.B. ein Taurinmangel zur DCM führen und eine Supplementation mit Taurin kann nötig sein. In anderen Fällen können andere Krankheiten die Therapieentscheidung beeinflussen.
Quellenangaben:
1. Secondary prevention of cardiogenic arterial thromboembolism in the cat: The double-blind, randomized, positive-controlled feline arterial thromboembolism; clopidogrel vs. aspirin trial (FAT CAT). Hogan DF at al. Journal of Veterinary Cardiology 2015 Dec;17 Suppl 1:S306-17.
2. Safety and efficacy of orally administered telmisartan for the treatment of systemic hypertension in cats: Results of a double-blind, placebo-controlled, randomized clinical trial. Coleman AE at al. Journal of Veterinary Intern Medicine. 2019 Mar;33(2):478-488.
3. Evaluation of benazepril in cats with heart disease in a prospective, randomized, blinded, placebo-controlled clinical trial. King JN et al. Journal of Veterinary Internal Medicine. 2019 Nov;33(6):2559-2571.
4. Case-control study of the effects of pimobendan on survival time in cats with hypertrophic cardiomyopathy and congestive heart failure. Reina-Doreste Y et al. Journal of American Veterinary Medical Association. 2014 Sep 1;245(5):534-9.
1 Comment