Wenn der eigene Hund (oder Katze) plötzlich für ein paar Sekunden das Bewusstsein verliert, so kann das auch den Besitzer nahe an einen Ohnmachtsanfall treiben. Ein möglicher Grund für diese “Synkopen” beim Tier sind zu langsame Herzfrequenzen oder sogar Pausen im Herzrhythmus. In diesen Fällen hilft oftmals nur noch ein Herzschrittmacher.

Inhalt

Gründe für einen Herzschrittmacher beim Tier?

Symptome

Diagnose

Andere Ursachen für Synkopen

Gibt es Alternativen zum Herzschrittmacher?

Wie wird ein Herzschrittmacher implantiert?

Wie geht es nach der Implantation weiter?

 

Welche Gründe gibt es für einen Herzschrittmacher beim Tier?

Das Herz hat einen eingebauten Schrittmacher, den sogenannten Sinusknoten. Vom Sinusknoten aus wird z.B. 100 mal pro Minute ein elektrischer Impuls durch das Herz gesendet und dieses schlägt in der gleichen Frequenz – also 100 mal pro Minute. Die Frequenz vom Sinusknoten wird davon beeinflusst, wie aktiv das Tier ist und entsprechend angepasst. Bei Ruhe ist die Frequenz langsam, bei körperlicher Anstrengung schneller. Der Sinusknoten befindet sich in den Vorhöfen und der Impuls kann im Normalfall nur an einer bestimmten Stelle an die Hauptkammer weitergeleitet werden (AV-Knoten).

Nun gibt es bestimmte Zustände, bei denen die Impulsgenerierung oder Überleitung von den Vorkammern in die Hauptkammern gestört ist, oder sogar komplett geblockt wird. Dazu zählen bestimmte AV-Blöcke, ein Vorhofstillstand und das Sick-Sinus-Syndrom. In diesen Fällen kommt kein elektrischer Impuls in den Hauptkammern an oder im Falle vom Sick-Sinus-Syndrom kommt es zu langen Pausen und unregelmäßigen Impulsen. Damit es nicht zum Herzstillstand kommt, generieren Zellen in den Hauptkammern ihren eigenen Impuls und das Herz schlägt trotzdem weiter – allerdings in einer viel langsameren Frequenz. Dieser “Ersatzrhythmus” führt zu Herzfrequenzen von 25 bis 60 oder vielleicht auch minimal schneller und er kann sich nicht an die körperlichen Bedürfnisse anpassen. D.h. auch bei Anstrengung wird die Herzfrequenz nicht erhöht, wodurch der Sauerstoffbedarf des Körpers nicht gedeckt werden kann. Dauert der Zustand länger an, kommt es oftmals auch zur Überladung des Herzens und zum Herzversagen mit Wasseransammlung im Bauch, Brust und/oder Lunge

AV-Block

Beim AV-Block gibt es unterschiedliche Grade. Gefährlich sind vor allem Grad II Mobitz Typ II und AV-Block Grad III. Dabei wird die Weiterleitung des Impulses aus dem Sinusknoten in die Hauptkammern teilweise oder vollständig blockiert und ein ventrikulärer “Ersatzrhythmus” mit sehr langsamer Frequenz springt ein. Die langsame Herzfrequenz sichert zwar das Überleben, kann die Sauerstoffversorgung aber nicht auf Dauer aufrechterhalten, bzw. lässt keine körperliche Anstrengung zu. Bei Katzen kann sich ein normaler Rhythmus mit einem AV-Block III. Grades spontan abwechseln oder der Ersatzrhythmus relativ schnell sein. Manche Katzen zeigen auch bei dauerhaften AV-Block keine Symptome. Wenn sie Symptome zeigen, kann dies leicht mit Anfällen verwechselt werden.

Sick-Sinus-Syndrom

Das Sick-Sinus-Syndrom ist geprägt von unterschiedlichen Rhythmusstörungen die sich abwechseln. Ohnmachtsanfälle werden meist durch lange Pausen ausgelöst, aber auch zu früh kommende Extraschläge oder länger andauernde zu schnelle Herzfrequenzen (supraventrikuläre Tachykardien) sind möglich. Die Ursache ist nicht ganz geklärt, eine genetische Mutation wird aber vermutet. Rassen wie der Minischnauzer, West Highland White Terrier, Cocker Spaniel, Dackel und Boxer sind häufiger betroffen aber auch andere Rassen und Mischlinge können einen SSS entwickeln. Meist sind die Hunde 6 Jahre oder älter.

Herzschrittmacher beim Tier - Minischnauzer wird abgehört

Vorhofstillstand

Wenn der Muskel im Vorhof nicht auf eine Impuls aus dem Sinusknoten reagiert, spricht man von einem Vorhofstillstand. Der Impuls wird dabei auch nicht in die Ventrikel weitergeleitet und ein langsamer Ersatzrhythmus übernimmt die Impulsfunktion in den Hauptkammern. Dies kommt glücklicherweise extrem selten vor und muss von sekundären Ursachen (zu viel Kalium oder toxische Medikamentendosen) abgegrenzt werden. Beim englischen Springer Spaniel scheint es eine vererbtes Phänomen zu sein. Sonst kommt es eher bei jüngeren Tieren vor und ist meist von Herzversagen begleitet.

Symptome

Das offensichtlichste Symptom einer inadäquat langsamen Herzfrequenz sind Ohnmachtsanfälle – auch Synkopen genannt. Synkopen aufgrund von zu langsamen Herzfrequenzen sind zwar meist nicht lebensgefährlich (im Gegenteil zu Synkopen wegen zu schneller Herzfrequenz), können aber zu Verletzungen führen und die Lebensqualität von Tier und Besitzer nachhaltig negativ beeinflussen. Weitere Symptome sind Leistungsintoleranz, Schwäche, Lethargie, Kurzatmigkeit und Anzeichen von Herzversagen (Flüssigkeit im Bauch oder Brustraum, Husten, Atemnot).

Diagnose

Die Diagnose wird mittels EKG gestellt. Fürs EKG muss das Tier idealerweise ruhig auf der Seite liegen und mit kleinen Klammern werden die Elektroden an der Haut der Gliedmaßen befestigt. Sind entsprechende Symptome vorhanden, kann ein Kurzzeit-EKG bereits zur Diagnosestellung ausreichen. Es kann aber auch nötig sein ein 24h-EKG anzufertigen um die Diagnose zu erhalten. Dafür wird dem Tier ein kleines Gerät als „Rucksack“ auf den Rücken gebunden und so darf der Patient nach Hause. Ein Herzultraschall sollte immer parallel erfolgen um die Auswirkungen auf den Herzmuskel zu beurteilen. Besteht bereits Herzversagen, so muss mit einer entsprechenden Therapie begonnen werden (Entwässerung, ACE-Hemmer).

 

Schrittmacher - EKG

Andere Ursachen für Synkopen

Zunächst muss geklärt werden, ob es sich tatsächlich um Synkopen handelt oder vielleicht ein epileptischer Anfall die Ursache für die Episode war. Synkopen sind sehr kurze Phasen ohne Bewusstsein (nur wenige Sekunden). Anders als bei einem epileptischen Anfall, gibt es vorher und nachher meist keine Anzeichen. Das Tier erholt sich äußerst schnell. Neben zu langsamen Herzfrequenzen gibt es noch eine Reihe anderer Usachen für Synkopen, die sowohl harmlos, also auch lebensbedrohlich sein können:

  • Tachyarrhythmien: Synkopen aufgrund zu schneller Herzfrequenzen sind äußerst gefährlich und können zum plötzlichen Herztod führen. Diese Arrhythmien sollten auf jeden Fall behandelt werden, um das Risiko zu senken.
  • Elektrolytverschiebungen: Elektrolyte spielen eine große Rolle in der Impulsgenerierung und Weiterleitung im Herz. Bei bestimmten Elektrolytimbalancen kann es zu Störungen im Herzrhythmus bis hin zum Tod kommen. Dabei ist vor allem zu viel Kalium gefährlich.
  • Vasovagale Synkopen: Manche Hunde können bei bestimmten Situationen wie z.B. große Freude, Aufregung, Husten etc kurze Ohnmachtsfälle erleiden. Diese Synkopen sind Reflexe des Nervensystems und nicht lebensgefährlich. Um eine Erregungsstörungen im Herzen sicher auszuschließen hilft ein Langzeit-EKG. Diese Art von Synkopen kommen z.B. beim Boxer vor. Bei Reflex-Synkopen gilt die auslösenden Situationen möglichst zu vermeiden. Nicht immer hilft hier ein Schrittmacher.

Gibt es Alternativen in der Therapie?

Es besteht die Möglichkeit mittels Medikamenten die Herzfrequenz zu beeinflussen. Diese Wirkstoffe beeinflussen das vegetative Nervensystem und stimmulieren bei gesunden Tieren die Herzfrequenz. Die meisten betroffenen Tiere sprechen allerdings kaum oder gar nicht auf Medikamente an. Deshalb sind die Möglichkeiten begrenzt und ein Schrittmacher oft die einzige Therapieoption.

Wie wird der Schrittmacher bei Tier eingesetzt?

Um einen Schrittmacher zu implantieren bekommt das Tier eine Vollnarkose. Über ein großes Blutgefäß am Hals wird die Elektrode des Schrittmachers bis ins Herz geführt und dort im Herzmuskel verankert. Dabei handelt es sich um eine Art langen Draht mit Hacken zur Verankerung am Ende.  Je nachdem welche Schrittmachermethode gewählt wird, kann auch eine zweite Elektrode im Vorhof platziert werden. Die Elektrode wird an den Schrittmacher angeschlossen, welcher unter der Haut am Hals oder Brustkorb eingebettet wird und dort verbleibt. Die Einstellung des Gerätes erfolgt von außen durch die Haut hindurch. Die Operation ist nicht ganz risikolos und auch danach können Komplikationen auftreten. Dazu zählen lokale Reaktionen an der Stelle des Schrittmachers unter der Haut, weitere Rhythmusstörungen oder das Loslösen der Elektroden. In diesem Fall müssen die Elektroden neu platziert werden. Die Erfolgsrate ist jedoch realtiv hoch.

 

Schrittmacher beim Tier

Was passiert nach der Implantation des Herzschrittmachers beim Tier?

Die Prognose nach erfolgreicher Implantation ist gut, vor allem wenn das Herz noch nicht zu sehr verändert war. Häufig können Medikamente – falls die eine Behandlung von Herzversagen nötig war – nach einer Weile wieder abgesetzt werden. Die Einstellungen und die Lebensdauer der Batterie müssen jedoch regelmäßig überprüft werden. Dies kann wie oben erwähnt von außen durch die Haut erfolgen. Es gibt verschiedene Einstellungen, die je nach Typ der Grunderkrankung und Schrittmacher gewählt werden können. Häufig wird beim Hund eine fixe Herzfrequenz eingestellt. Aber es gibt auch die Möglichkeit einer an die Aktivität angepasster Herzfrequenz. Beim Sick-Sinus-Syndrom zum Beispiel schreitet der Herzschrittmacher nur dann ein, wenn die Erregung in der Hauptkammer nicht schnell genug erfolgt.

Die Schrittmacher in der Tiermedizin sind in der Regel Geräte aus der Humanmedizin, welche aufgrund der verringerten Batterie-Lebensdauer nicht mehr beim Menschen eingesetzt werden dürfen. Dadurch wird die Schrittmacherimplantation auch in der Tiermedizin bezahlbar.

 

Hier nochmal ein Video aus der Humanmedizin zur Verdeutlichung was ein Herzschrittmacher genau macht.