Hunde und Katzen mit chronischer Niereninsuffizienz sind in der Regel ältere Tiere und können aus verschiedenen Gründen eine Operation und damit eine Narkose benötigen (Zahnsanierungen, orthopädische Probleme, Unfall). Narkosen sind bereits für viele Besitzer gesunder Tiere beängstigend, bei CNI-Patienten ist die Sorge um die Fellnasen meist noch um ein vielfaches größer. Diese Sorge ist natürlich nicht unbegründet, da Narkosen sicherlich negative Auswirkungen auf die Nieren haben können, vor allem wenn kein passendes Narkoseprotokoll gewählt wird und keine sorgfälltige Überwachung stattfindet.

Was passiert während einer Narkose in der Niere

Die Nieren sind dafür verantwortlich Stoffwechselprodukte auszuscheiden, das Blutvolumen zu regulieren, den ph-Wert stabil zu halten und die Produktion der roten Blutkörperchen zu kontrollieren. Diese Funktionen sind auch noch intakt, wenn bereits ein Großteil der Niere geschädigt ist. Eine Narkose kann dabei jedoch der auslösende Faktor sein, dass das Tier ins Nierenversagen bringt oder die Nieren weiter schädigen und somit den Zustand verschlimmern.

Durch verschiedene Stoffe und Hormone, welche während einer Operation ausgeschüttet werden, kommt es zu einer verminderten Durchblutung in den Nieren und somit zur verminderten Filtration des Blutes. Auch auf Stress und Schmerzen reagiert der Körper ähnlich. Diese Vorgänge können dazu führen, dass die Nieren weiter geschädigt werden. Daher ist es äußerst wichtig, die Tiere so stressfrei wie möglich zu behandeln und ein gutes Schmerzmanagement zu haben.

Zusätzlich führt eine Narkose dazu, dass weniger Blut vom Herzen ausgeworfen wird und der Blutdruck sinkt. Dies trägt zusätzlich dazu bei, dass die Nieren weniger gut durchblutet werden. Gesunde Nieren können ihren Zufluss bis zu einem bestimmten Blutdruck selbst regulieren und ausgleichen, ab einem bestimmten Druck ist dies nicht mehr möglich. In einer Studie mit Hunden und Katzen konnte gezeigt werden, dass auch gesunde Tiere sehr häufig während einer Narkose einen zu niedrigen Blutdruck haben und dies leider häufig nicht ausreichend beobachtet und korrigiert wird ¹. Bei Tieren mit chronischen Nierenproblemen ist eine Selbstregulierung meist sogar bei normalen Blutdruck eingeschränkt. Der Blutdruck muss daher unbedingt engmaschig kontrolliert und eine Blutdruckabfall entsprechend adressiert werden. Mehr zum Thema Bluthochdruck gibt es in einem separaten Artikel.

Narkose bei chronischer Niereninsuffizienz

Was sind Risikofaktoren von Narkosen bei chronischer Niereninsuffizienz

Narkosen bei CNI-Patienten sollten sorgfältig geplant werden, falls es sich nicht um einen absoluten Notfall handelt. Um das Narkoserisiko so gering wie möglich zu halten und die Nieren so gut es geht zu schützen, sollten folgende Dinge vorher behandelt werden:

  • Dehydratation: Flüssigkeit sollte intravenös verabreicht werden, da Austrocknung die Durchblutung verschlechtert
  • Übelkeit und Erbrechen verschlimmern eine Dehydratation und können mittels Medikamente behandelt werden
  • Zu hohe Kaliumwerte: eine Hyperkaliämie kann während der Narkose zum Herzstillstand führen und sollte vorher ausgeglichen werden. Oft reicht eine Infusion bereits aus.
  • Metabolische Azidose (erniedrigter Blut-pH) kann eine Hyperkaliämie verstärken und sollte korrigiert werden.
  • Anämie: Eine Blutarmut ist meist gut toleriert, allerdings sollte bei Eingriffen mit Blutverlust und einem Hämatokrit < 20% eine Bluttransfusion in Betracht gezogen werden.

 

In meinem praktischen Handbuch gibt es alle Informationen zur

Niereninsuffizienz bei der Katze auf einen Blick:

Niereninsuffizienze Katze

 

Wie sieht eine gute Narkosevorbereitung aus

Die oben genannten Maßnahmen sollten getroffen werden um die Nieren bestmöglich zu schützen. Zusätzlich ist es wichtig mit dem Tier so stressfrei wie möglich umzugehen. Falls Schmerzen vermutet werden, sollten ausreichend Schmerzmittel verabreicht werden. Vor der Narkose ist es wichtig, den Blutdruck in wachem Zustand zu messen, da CNI-Patienten oftmals einen zu hohen Blutdruck haben und somit einen Blutdruckabfall, welcher für gesunde Tiere normal wäre, eventuell nicht gut tolerieren. Eine erhöhte Sauerstoffzufuhr unmittelbar vor der Narkose ist zu empfehlen.

 

Auf was muss während der Narkose bei chronischer Niereninsuffizienz geachtet werden

Die Narkoseüberwachung mittels Monitor ist vorteilhaft. Hier wird Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Atmung und der Blutdruck überwacht. Eine Blutdruckkontrolle nur über Pulsqualität ist ungenau und daher nicht ausreichend¹. Ist Kalium problematisch, ist ein EKG hilfreich um etwaige Rhythmusstörungen besser zu erkennen. Den Blutdruck und die Herzfrequenz stabil zu halten sollte oberste Priorität des Anästhesisten sein. Gegebenenfalls kann einem Blutdruckabfall mittels Medikamenten entgegengewirkt werden. Manche Patienten profitieren auch von Diuretika wie z.B. Mannitol um die Flüssigkeitsausscheidung in den Nieren anzuregen.

Narkose bei chronischer Niereninsuffizienz

Wie sollte die Narkose bei chronischer Niereninsuffizienz gewählt werden

Es gibt kein spezielles Narkoseprotokoll für CNI-Patienten. Die Medikamente müssen individuell ausgewählt werden und hängen vom Stadium der Erkrankung, etwaigen sekundären Erkrankungen, von der Erfahrung des Tierarztes mit den jeweiligen Medikamenten und der Art des Eingriffes ab. Trotzdem gibt es natürlich Medikamente, welche eher vermieden werden sollten, da sie den Kreislauf stark beeinflussen (Alpha-2-Antagonisten, Ketamin). Reine Injektionsnarkosen sind daher nicht zu empfehlen. Opioide haben wenig Einfluss auf den Kreislauf und eignen sich sehr gut auch bei weniger schmerzhaften Eingriffen, da sie die Dosis von z.B. Inhalationsanästhetika reduzieren. Die Narkoseeinleitung sollte mittels Propofol oder Alfaxalone erfolgen, da eine Einleitung mit Narkosegas sehr hohe Dosen benötigt und dadurch den Kreislauf negativ beeinflusst. Wenn immer möglich, sollten Lokalanästhetika und Schmerzmittel eingesetzt werden um die Dosis der anderen Narkosemittel zu reduzieren.

 

Zusammenfassung

Es ist durchaus möglich eine Narkose bei CNI-Patienten ohne weitere Beschädigung der Nieren durchzuführen, wenn sie sorgfältig geplant und überwacht wird. Trotzdem bedeutet ein Eingriff immer Stress für die Tiere und die tatsächlichen Auswirkungen können nur schwer vorhergesagt werden, weshalb Narkosen bei diesen Tieren nicht leichtfertig durchgeführt werden sollten.

 


Quellenangaben:

  1. Anesthesia-related hypotension in a small-animal practice. Gordon AM, Wagner AE. Vet MEd. 2006; 101(1):22-26.
  2. Anesthetic Risks and Management of Patients with Chronic Renal Failure S. Robertson. World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2015.