Ein 12-jährige Mischlingsrüde wurde mir aufgrund von Wasser im Bauch vorgestellt, zudem war er schnell außer Atem, bzw. hatte eine erhöhte Ruhe-Atemfrequenz und es ging ihm generell nicht besonders gut. Eine undichte Herzklappe wurde bereits vor einiger Zeit festgestellt. Der Kardiologe hat zu diesem Zeitpunkt zurecht das Medikament Pimobendan verschrieben, was allerdings zum Zeitpunkt der Vorstellung vom Haustierarzt wieder abgesetzt und durch einen ACE-Hemmer ersetzt wurde. Entwässerung wurde nur kurz gegeben, dann wieder gestoppt.

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Untersuchungsergebnisse

Die kardiologische Untersuchung ergab eine große Wasseransammlung im Bauch, welche per Ultraschall bestätigt wurde. Im Herzultraschall konnte zudem geringgradig Flüssigkeit im Brustraum dargestellt werden. Im Herzen selber war eine hochgradige Undichtigkeit der Mitralklappe, als auch der Trikuspidalklappe auf der rechten Herzseite zu sehen. Zudem konnte mittels Doppleruntersuchung ein deutlich erhöhter Lungendruck nachgewiesen werden. Bei genauer Betrachtung der Herzscheidewand, war außerdem ein kleines Loch zwischen den beiden Vorkammern zu erkennen. Die linke Vorkammer war deutlich vergrößert.

Diagnose

Der Patient hatte also vermutlich primär eine Undichtigkeit der Mitralklappe (Mitralklappenendokardiose) auf der linken Seite und der Trikuspidalklappe auf der rechten Seite. Das Loch in der Scheidewand (Atriumseptumdefekt/ASD) kann angeboren (ASDs müssen kein Herzgeräusch verursachen) oder sekundär aufgrund des hohen Druckes in der linken Vorkammer entstanden sein. Ob der Defekt bereits beim Kardiologen vorhanden war mir nicht bekannt. Der erhöhte Lungendruck ist vermutlich sekundär durch ein chronisches Linksherzversagen und durch eine vermehrte Lungendurchblutung aufgrund des ASDs entstanden und hat zum Rechtsherzversagen mit vorwiegend Wasser im Bauchraum geführt. Ein beginnendes Lungenödem (Wasser in der Lunge) ist zudem zu vermuten, da die Ruhe-Atemfrequenz erhöht und die linke Vorkammer stark vergrößert war.

Therapie

Die Therapie bestand darin, die Flüssigkeit aus dem Bauchraum zu punktieren und so gut wie möglich zu entfernen. Als Dauertherapie wird das Herz nun wieder mit Pimobendan unterstützt. Das Kreislaufsystem wird zudem dauerhaft entwässert (Furosemid), da sonst die Flüssigkeit relativ rasch wieder nachlaufen würde. Zur Senkung des Lungenhochdrucks wird Sildenafil (besser bekannt als Viagra) eingesetzt. Den ACE-Hemmer haben wir vorerst weggelassen, da die Tabletteneingabe etwas problematisch ist. Durch diese Kombination konnten wird die Symptome rasch in den Griff bekommen und dem Patienten geht es wieder sehr viel besser. Die Dosis der Entwässerung wird von der Besitzerin anhand der Ruheatemfrequenz sehr gut angepasst, damit die niedrigste mögliche Dosis gegeben werden kann.

Wasser im Bauch

Wie entsteht also Wasser im Bauch, wenn ein Herzproblem vorliegt?

Wasser im Bauch entsteht dann, wenn das rechte Herz nicht mehr in der Lage ist genügend Blut weiter zu pumpen, das Blut sich dadurch zurück in die Körpervenen staut und schließlich Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem austritt, da die Gefäße dem Druck nicht mehr standhalten können. Aufgrund anatomischer Gegebenheiten findet dieser Flüssigkeitsaustritt vor allem in den Lebergefäßen statt, wodurch sich das Wasser im Bauchraum verteilen kann. Tritt Flüssigkeit aus den Venen im Brustkorb, so sammelt sich die Flüssigkeit im Brustkorb. Da das Zwerchfell Brust und Bauchraum trennt, kann sich die freie Flüssigkeit außerhalb der Gefäße nicht vermischen. Eine geringe Menge an Flüssigkeit ist sowohl im Bauchraum als auch Brustraum stets vorhanden und kann auch schnell wieder resorbiert werden. Große Mengen dagegen, wie es bei Rechtsherzversagen häufig der Fall ist, können zu ernsthaften Problem führen.

Hinweis: Bei Katzen kann auch ein Linksherzversagen (wie z.B. bei HCM) zu Flüssigkeit im Brustkorb führen, was an der Lage der Lungenarterien liegt. Dabei ist das rechte Herz unbeteiligt und es entsteht auch kein Aszites (Wasser im Bauch).

Bei welchen Herzerkrankungen kann es zu Wasser im Bauch kommen?

Wasser im Bauch ist vor allem ein Rechtsherzproblem. Als Ursachen können angeborene Herzfehler in Frage kommen (Pulmonalstenose, Trikuspidalklappendysplasie oder Stenose, Tetralogie of Fallot). Aber auch erworbene Herzerkrankungen (Trikuspidalklappenendokardiose, DCM, ARVC) können dafür verantwortlich sein. In vielen Fällen muss jedoch eine sehr schwere Erkrankung vorliegen oder zusätzlich ein erhöhter Lungendruck entstehen um tatsächlich Rechtsherzversagen auszulösen. Ein Sonderfall ist dabei der Perikarderguss. Bei einem Perikarderguss wird die Herzarbeit sehr eingeschränkt und die rechte Vorkammer sogar eingedrückt, sodass dabei sehr schnell Wasser im Bauchraum entstehen kann.

Wie entsteht ein erhöhter Lungendruck?

In einer gesunden Lunge haben die Gefäße nur einen sehr geringen Druck im Vergleich zum Blutdruck im restlichen Körper. Dies bedeutet, das rechte Herz, welches Blut in die Lungengefäße pumpt, muss auch viel weniger hart arbeiten, als das linke Herz, welches gegen den Blutdruck pumpt. Wird die Lunge jedoch permanent mit mehr Blut überlastet wie z.B. bei einem Loch in der Herzscheidewand, oder staut sich permanent Blut von der linken Herzseite zurück in die Lunge so können sich die Gefäßwände in den Lungengefäßen verändern und der Druck steigt. Dies kann auch bei Herzwurminfektionen oder primären Lungenproblemen wie z.B. eine Lungenfibrose der Fall sein. Ein erhöhter Lungendruck belastet das rechte Herz, welches für diese Mehrarbeit nicht gebaut ist. Der Herzmuskel wird dicker und die Herzkammer weiten sich aus. Problematisch wird es vor allem bei einer Undichtigkeit der Trikuspidalklappe, da sich dann auch leicht Rechtsherzversagen mit Wasser in Brust und Bauch einstellen kann. Feststellen kann man einen erhöhten Lungendruck durch typische Veränderungen im Herzultraschall oder durch Herzkatheteruntersuchungen.

Wie wird Wasser im Bauch therapiert?

Flüssigkeit im Bauch oder Brustraum sollte, wenn möglich, immer punktiert werden um dem Patient möglichst schnell Erleichterung zu schaffen. Dies ist äußerst unproblematisch und kann in jeder Praxis durchgeführt werden. Es kann allerdings etwas Zeit in Anspruch nehmen, da mehrere Liter Flüssigkeit bei größeren Hunden keine Seltenheit sind. Gleichzeitig wird eine Entwässerungstherapie gestartet, da die Flüssigkeit ansonsten sehr schnell wieder nachläuft. Zusätzlich wird die zugrunde liegende Herzerkrankung und ggf. ein erhöhter Lungendruck therapiert. Ist ein Perikarderguss die Ursache, so sollte der Perikarderguss zuerst mittels Punktion behandelt werden, was am besten von einem Kardiologen durchgeführt wird.

Was kann sonst noch als Ursache für Wasser im Bauch in Frage kommen?

Ist der Aszites nicht eindeutig einem Herzproblem zuzuordnen, so kann die Flüssigkeit im Labor untersucht werden um weitere Hinweise auf die Ursache zu bekommen. Differentialdiagnostisch kommen bei Aszites vor allem ein Leberproblem und Tumoren in Frage. Auch ein niedriger Eiweißgehalt im Blut (z.B. bei chronischem Durchfall oder Nierenversagen), Entzündungen, Infektionskrankheiten (z.B. FIP bei der Katze) oder ein Trauma (blutige Flüssigkeit) können dahinter stecken ¹.

Wie sieht die Prognose aus?

Die Prognose bei einem Rechtsherzversagen ist abhängig von der Ursache. Bei einem Perikarderguss kann die Prognose sehr gut sein, ebenso bei angeborenen Herzfehlern, welche operativ behandelt werden können. Bei erworbenen Herzerkrankungen kann man meist mittels Medikamente sehr gut therapieren und über eine gewissen Zeitraum die Symptome in den Griff bekommen, jedoch meist nicht für immer. Es lohnt sich jedoch definitiv eine Therapie zu starten und die Diagnose ist noch lange kein Grund zur Euthanasie. Wichtig ist vor allem, einen Kardiologen zu konsultieren und die Ursache eindeutig abzuklären um die bestmögliche Therapie zu erhalten.


Quellenangaben

1 Hemostatic Findings in Ascitic Fluid: A Cross‐Sectional Study in 70 Dogs. A. Zoia et al. (2016). Journal of Veterinary Internal Medicine,Volume 31, Issue 1.